Schnee und Eis

Inhaltsübersicht

1- Probleme

2- Grundsätze

3- Zuständigkeiten

4- Zeitliche Verpflichtung

Information

Rechtzeitig bevor der erste Schnee fällt und die Bürgersteige überfrieren, sollte sich sowohl der Vermieter als auch der Mieter darüber Klarheit verschaffen, welche Pflichten diesbezüglich bestehen. Verletzt sich nämlich jemand, weil Schnee nicht gefegt wurde und die erforderlichen Streumaßnahmen nicht vorgenommen wurden, kann dies zu hohen Schadensersatzansprüchen, wenn nicht sogar zu einer Strafbarkeit des Pflichtigen wegen fahrlässiger Körperverletzung führen.

1. Probleme

Es stellt sich daher die Frage, wem im Winter welche Pflichten obliegen.

Sind Schnee oder Eisbeseitigung Sache der Gemeinde, des Vermieters oder der Mieter? Entfällt die zum Teil schwere körperliche Arbeit für alte Menschen und was muss derjenige tun, der eigentlich zur Schnee- und Eisbeseitigung verpflichtet ist, der aber zum Beispiel wegen Berufstätigkeit tagsüber abwesend oder im Urlaub ist?

2. Grundsätze

Auf privatem Grund und Boden ist grundsätzlich immer der Eigentümer verpflichtet, für die Sicherheit allgemein zugänglicher Wege zu sorgen. Auf öffentlichen Straßen und Wegen ist die Reinigung sowie die Schnee- und Eisbeseitigung dagegen grundsätzlich Sache der Gemeinden. Durch Satzung wird diese Pflicht jedoch meistens, insbesondere für Gehwege, auf die Anlieger - zunächst also die Grundstückseigentümer - übertragen.

Die Eigentümer von Grundstücken übertragen die Pflicht zur Schnee- und Eisbeseitigung in der Regel auf ihre Mieter. Grundlage dafür kann etwa eine Vereinbarung im Mietvertrag sein (LG Stuttgart, 27.01.1988 - 5 S 210/87; WM 88, 399) oder eine Regelung in einer Hausordnung, die wiederum Bestandteil des vom Mieter unterzeichneten Mietvertrages sein muss (OLG Frankfurt am Main, 22.09.1988 - 16 U 123/87; WM 88, 399).

Selbst wenn der Hauseigentümer jedoch die Räum- und Streupflicht wirksam auf die Mieter übertragen hat, ist er nicht aus der Pflicht; vielmehr muss er die ordnungsgemäße Durchführung der Winterpflichten durch die Mieter überwachen.

3. Zuständigkeiten

Überträgt der Vermieter die Schnee- und Eisbeseitigungspflicht auf die Mieter, ist in einem Mehrparteienwohnhaus auf eine möglichst gleichmäßige Belastung der einzelnen Mieter zu achten. Diesem Grundsatz würde beispielsweise ein wöchentlicher Wechsel des "Winterdienstes" nicht immer gerecht. Wetterbedingte Ungleichheiten wären auf diese Weise beinahe vorprogrammiert, da es in den meisten Regionen Deutschlands fast nie wochenlang, sondern grundsätzlich nur für kurze Zeit richtig winterlich ist. Auf diese Weise träfe die Pflicht zur Beseitigung von Schnee und Eis vielleicht nur ein oder zwei Mietparteien, während die anderen Mieter sich am warmen Kamin erfreuten. Um dieser Ungleichheit entgegenzuwirken, empfiehlt sich die Benutzung einer so genannten "Schneekarte". Dem liegt das Prinzip zu Grunde, dass derjenige Mieter für einen Tag zur Beseitigung von Schnee und Eis verpflichtet ist, der die Schneekarte gerade in Besitz hat. Erst dann, wenn der Mieter auf Grund der Witterungsverhältnisse tatsächlich aktiv werden musste, darf er die Karte und damit die Pflicht zur Ausübung des Winterdienstes an den nächsten Mieter weitergeben (OLG Hamm, 31.08.1981 - 15 W 38/81; WM 85, 299, 300, 301).

Ein anderes Problem stellt sich bei älteren Mietern oder denjenigen, die gesundheitlich nicht zum Schneefegen in der Lage sind, obwohl dies vertraglich vereinbart war. Die Rechtslage wird hier von den Gerichten uneinheitlich bewertet. In einem derartigen Fall hat etwa das Landgericht Kassel entschieden, dass die Pflicht zur Durchführung des Winterdienstes bestehen bleibt (LG Kassel, 01.03.1990 - 1 S 885/89; WM 91,580). Der Mieter müsse dann für eine Vertretung sorgen (LG Düsseldorf, 09.09.1988 - 21 S 42/88; WM 88, 400). In ähnlich gelagerten Fällen haben dagegen das Amtsgericht Münster oder das Landgericht Hamburg entschieden, dass die Pflicht zur Ausübung des Winterdienstes in diesem Fall wieder auf den Vermieter übergeht (AG Münster, 15.09.1993 - 6 C 183/93; WM 95, 36; LG Hamburg, 11.07.1989 - 16 S 87/88; WM 89, 622).

4. Zeitliche Verpflichtung

In zeitlicher Hinsicht sind in erster Linie die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Maßgeblich kann beispielsweise sein, wie heftig und dauerhaft es schneit oder in welchem Maß der entsprechende Weg frequentiert wird. Als Grundsatz gilt jedoch, dass Wege tagsüber im Rahmen des "allgemein üblichen" geräumt werden müssen. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dies sei vom Einsetzen des Tagesverkehrs an bis zum Ende der allgemeinen Verkehrszeit einschließlich Rückkehr der Passanten von üblichen kulturellen Veranstaltungen. Dagegen hat das Landgericht Köln entschieden, dass mangels anderweitiger Abreden - etwa im Mietvertrag - zur Konkretisierung des "allgemein üblichen" die zeitlichen Begrenzungen der öffentlich-rechtlichen Wegereinigungspflichten zur Bestimmung des zeitlichen Maßstabs heranzuziehen sind. Im zu Grunde liegenden Fall war der Winterdienst dementsprechend zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr vorzunehmen (LG Köln, 23.06.1994 - 1 S 3/94; WM 95, 107).

Es empfiehlt sich daher zumindest bei der zuständigen Gemeinde nachzufragen, welche öffentlich-rechtlichen Wegereinigungspflichten am jeweiligen Wohnort bestehen.

Für die Dauer seiner Verpflichtung muss der Streupflichtige dann aber auch "gegebenenfalls mehrfach hintereinander (...) streuen, wenn die Wirkung des Streugutes infolge außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse, z.B. anhaltenden Niederschlags auf unterkühltem Boden, nur kurze Zeit anhält, soweit die Witterungsverhältnisse nicht so außergewöhnlich sind, dass wiederholtes Streuen Sinn- und Zwecklos ist (BGH, 27.11.1984 - VI ZR 49/83; WM 86, 66, 68).

Ist jemand während seiner Streupflicht etwa aus beruflichen Gründen abwesend, muss er ggf. für Vertretung sorgen (OLG Hamburg, 30.01.1969 - 6 U 124/68; MDR 1969, 483, 484).

Festzuhalten bleibt für das Schneeschieben: lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig!